Intakte Landschaft vor Straßenneubau

Foto.NABU/T.Pusch

 

Die ersten Pläne zum Ausbau der Bundesstraße B 239n stammen aus dem Jahr 1967. Seit diesem Zeitpunkt ist viel Wasser die Werre hinabgeflossen, die Gesellschaft hat sich verändert. Passen die Ausbaupläne also noch in die Gegenwart?

 

Die Naturschutzverbände NABU und BUND sind sich in diesem Punkt einig und lehnen den Ausbau der B 239n ab, da die geplante Neubaustrecke zwischen Lage und Bad Salzuflen eine erhebliche und dauerhafte Naturzerstörung verursachen würde. Wertvolle Biotope sollen überbaut und die Werre mehrmals gequert werden. Im Werretal würde ein bedeutender Biotopverbundkorridor erheblich gestört. Mit einer Überbauung würden weit über 100 ha Boden versiegelt, wertvolle Ackerböden und wichtiger Retentionsraum gingen für immer verloren. Auch einige Landwirte aus der Region machten vor mehr als zwei Jahren bereits entlang der geplanten Neubaustrecke ihrem Ärger Luft und fordern eine intelligentere Lösung. Zudem ist das Werretal eine wichtige Kaltluft-Leitbahn, deren Funktion durch den geplanten Neubau sehr stark beeinträchtigt würde, was angesichts des Klimawandels äußerst fatal ist. Der noch vorhandene Freiraum in dieser Region wird immer mehr zerschnitten und entwertet. Der Flächenverbrauch ist in den letzten Jahren in Lippe stark angestiegen.

 

„Unser Verkehrsnetz ist an vielen Stellen verschlissen und in einem desolaten Zustand, wie die zunehmenden Sperrungen von Brücken eindringlich zeigen. Angesichts der knappen volkswirtschaftlichen Mittel können wir uns einen weiteren Ausbau des Straßennetzes nicht mehr leisten, sondern müssen die Erhaltung der vorhandenen milliardenteuren Verkehrsinfrastruktur sicherstellen“, sagt der Vorsitzende des NABU Lippe, Bernd Milde, und liegt mit dieser Äußerung sehr nahe am Wortlaut des Bundesverkehrswegeplanes (BVWP) 2030. Dort lesen wir unter Ziffer 2) im Vorwort: „Wir stärken das Prinzip Erhalt vor Aus- und Neubau“.

 

Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die neue Bundesregierung auch den seit vielen Jahrzehnten heftig diskutierten Ausbau der B 239n erneut auf den Prüfstand stellt und zu dem Ergebnis kommt, dass der Ausbau nicht mehr zeitgemäß ist, da Alternativen zukunftsorientierter sind.

 

Denn in den letzten 20 Jahren hat Lippe einen erheblichen Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen, die Einwohnerzahl ging um 20.000 auf jetzt 346.000 zurück. In Anbetracht des starken und anhaltenden Bevölkerungsrückganges in der Region besteht für diese neue Verkehrstrasse kein Bedarf, zumal in dem Gebiet schon eine sehr hohe Straßendichte vorhanden ist. Die Verkehrsprognose des Bundesverkehrsministeriums geht bis 2030 von 10 % Verkehrsrückgang in der Region aus.

 

Die Kosten-Nutzen-Analyse für dieses Straßenneubauprojekt hat einen „Einzelreisezeitgewinn“ von 62 Sekunden ermittelt, um schneller von Herford nach Lage fahren zu können. Dieser "Zeitgewinn" von einer Minute steht in keinem Verhältnis zu den damit verbundenen Naturzerstörungen und den anfallenden großen Kosten. Auch hier lesen wir im BVWP den entsprechenden Passus, der einem Ausbau nicht entsprechen würde: „Wir setzen klare Prioritäten. Investiert wird dort, wo für Menschen und Wirtschaft der größte Nutzen entsteht“. Für den Naturschutz ist die Abwägung klar, hier gibt es weder für Mensch noch Wirtschaft einen großen Nutzen. Die massive Zerstörung und Versiegelung der Natur ist in Zeiten, wo über eine moderne Mobilitätswende diskutiert wird, nicht vertretbar.