Raketenstation Schwelentrup

Grüne Idylle statt Kalter Krieg

Die ehemalige Raketenstation während der Renaturierung. Foto: B. Mühlenmeier
Die ehemalige Raketenstation während der Renaturierung. Foto: B. Mühlenmeier

1998 hat der NABU Lippe ein ungewöhnliches Projekt begonnen. Mit dem Erwerb des 10 ha großen Grundstücks einer ehemaligen Raketenstation auf der Kuppe des fast 390 m hohen Steinbergs in Dörentrup-Schwelentrup hat der NABU eine gewaltige Aufgabe übernommen. Aus der ehemaligen militärischen Anlage ist inzwischen mit Unterstützung der Adolf-Deppe-Stiftung ein kleines Naturparadies entstanden.

Ein Großteil der mit Asphalt und Beton versiegelten Fläche wurde entsiegelt. Das Abbruchmaterial wurde zerkleinert, so dass es bei verschiedenen Baumaßnahmen in Dörentrup und Umgebung als Untergrundbefestigung dienen konnte. Ein gelungenes Beispiel für ressourcenschonendes Baustoffrecycling. Auf dem Gelände der ehemaligen Raketenstellung hat sich ein abwechslungsreiches Vegetationsmosaik aus Pionier- und Ruderalvegetation, Schlagfluren und Vorwaldstadien entwickelt.

 

Auf den bei der Entsiegelung entstandenen Schotterflächen  wachsen schüttere Pionierrasen der Mauerpfeffer-Gesellschaften mit interessanten, trockenheitsresistenten Pflanzenarten. In Teilbereichen haben sich umfangreiche Rasen des Dreifinger-Steinbrechs angesiedelt.  Die seltene Schlingnatter, die mit 60-70 cm Länge kleinste Schlangenart Deutschlands, nutzt die Schotterflächen gerne für ihre Sonnenbäder. Dort wo am Rande der Schotterflächen eine stärkere Bodenauflage existiert, treten Ruderalgesellschaften auf, die auch die im Zuge der Sanierung aufgeschütteten Wälle und Hügel bedecken.

Fledermausüberwinterungsquartier auf dem Steinberg. Foto: B. Mühlenmeier
Fledermausüberwinterungsquartier auf dem Steinberg. Foto: B. Mühlenmeier

Die Gebäude der ehemaligen Raketenstation wurden zum Großteil abgerissen. Ein Gebäude ist zu einem Überwinterungsquartier für Fledermäuse umgestaltet worden. Um sicherzustellen, dass im Innern auch im Winter mindestens eine Temperatur von +6 bis +8 Grad Celsius herrscht und somit ein Überleben der Fledermäuse zu gewährleisten, wurde das Gebäude mit einer mindestens 1 m mächtigen Erdschicht abgedeckt.

 

An vier Stellen im Gebiet sind Amphibienlaichgewässer angelegt worden. Die Gewässer werden hauptsächlich durch abfließendes Oberflächenwasser gespeist. Die vorhandenen tonigen Bodenschichten bilden eine gute Abdichtung. Die Teiche stellen potentielle Laichgewässer für die seltene Geburtshelferkröte dar, die noch in 700m Entfernung zur ehemaligen Raketenstation vorkommt. Grasfrosch und Erdkröte haben sich schon an einem ehemaligen Kerosinauffangbehälter angesiedelt und hier erfolgreich abgelaicht.

 

Zudem ist das Schutzgebiet ein Eldorado für Eulen. An einem Frühjahrsabend konnten hier innerhalb von zehn Minuten fünf Eulen (Waldkäuze und Waldohreulen) beobachtet werden. Gerade Eulen scheinen die Umgebung von Windrädern zu meiden und haben hier einen ungestörten Lebensraum.

 

Im nördlichen Bereich der Bergkuppe wurden mehrere aufgeschüttete Raketenplattformen beseitigt. Mit der Erde wurde ein kleiner Aussichtsberg geschaffen. Es bietet sich ein wunderschöner Rundblick. Richtung Südwesten schweift der Blick über die Höhenlagen des Teutoburger Waldes mit Hermannsdenkmal und Bielsteinsender. Auf der gegenüberliegenden Seite lassen sich die Berge des Wesergebirges entdecken. Dazwischen erstreckt sich das Lippische Bergland.

 

Die ehemalige Raketenstation in Schwelentrup ist neben Teilen des Munitionsdepots in Brüggen Bracht an der niederländischen Grenze die einzige von 300 militärisch genutzten Liegenschaften in NRW mit der Folgenutzung Naturschutz und einer fast 100%igen Entsiegelung der Flächen.